Die Dole und der Staar

Foto: Jürg Stuker Creative  Creative Commons-Lizenz
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»Ein Gelehrter hatte sich in seiner Studierstube eine Dole und einen Staar zu Gesellschaftern genommen.
Die Dole war beschäftigt die Papiere und was sonst im Zimmer auf den Boden fiel, wenn es ihr nur nicht zu schwer war, sorgfältig auf den Platz zusammen zu tragen, den sie sich zu ihrem Nachtlager erwählt hatte.
Der mutwillige Staar hingegen war gewohnt auf eine andere Art aufzuräumen, indem er allen Papieren, gedruckten und ungedruckten, eine ewige Fehde geschworen zu haben schien, und sie, wo er sie antraf, in Stücken zerriss.
Wahrhafte Brut der barbarischen Zeiten! Rief einst die Dole voll Unmuth über den Staar. Die Unwissenheit war von jeher eine Verfolgerin der Wissenschaften, und du, Zerstörer der herrlichen Werke der Gelehrsamkeit, bist ihr leibhaftes Ebenbild.
Stille, Stille, Brüderchen! Schrie der Staar: verstehst du denn auch eine Sylbe von allem dem gelehrten Plunder, den du mit einer so feierlichen Miene in dein Nest trägst?«
[Christian Friedrich Schwan, Die Schreibtafel, Zweyte Lieferung, Mannheim 1775] – Foto: Bergdohle Jürg Stuker